„Wir wollen bleiben!“ – Zur Hauptstraße 1 G, H und I

Wir dokumentieren den Beitrag der Hauptstraße auf dem Kiezspaziergang am 24. Juni 2018:

Der Wohnkomplex der Hauptstraße 1 G,H und I am Ostkreuz – das sind zwei Häuser in denen bis letztes Jahr rund 30 Mietparteien lebten, viele Menschen mit den unterschiedlichsten Hintergründen und Lebensrealitäten. Für einige ist dieser Ort zwischen Ostkreuz & Rummelsbucht einer der letzten Orte des “Alten Berlins”, für andere nur ein Schandfleck, der endlich “erschlossen” werden muss, damit das “Aufwertungsprojekt Ostkreuz”, zu dem unter anderem auch der Aquapark “Coral World” direkt nebenenan gehören soll, endlich abgeschlossen werden kann.

Aufgrund des niedrigen Wohnstandards sind die Mieten für die Bewohner_innen der Hauptstrasse noch einigermaßen bezahlbar. In den Häusern leben manche Mietparteien seit über 30 Jahren mit unbefristeten Verträgen. Seit Padovicz die Häuser vor einigen Jahren gekauft hat, wurden bei Neuvermietung nur noch auf 1 oder 2 Jahre befristete Mietverträge vergeben, die immer kurzvor Ende der Befristung um willkürliche Zeiträume verlängert wurden. Seit Jahren ziehen Menschen ein und aus und die Hausverwaltung nutzt dies, die Wohnungen wieder teurer zu vermieten.
Ende letzten Jahres sollte es dann endgültig soweit sein: Die befristeten Verträge wurden zum ersten Mal nicht mehr verlängert und alle Menschen mit befristeten Verträgen sollten ausziehen. Zu diesem Zeitpunkt waren das 17 von insgesamt den insgesamt etwa 30 Mietparteien. Die Bewohner_innen begannen sich miteinander zu organisieren und nahmen anwaltliche Beratungen in Anspruch. Da sich hieraus ergab, dass einige der Befristungsgründe unwirksam waren, konnten die Bewohner_innen erwirken zu bleiben.
Doch trotz des kollektiven Erfolgs der Häusergemeinschaft Ende 2017, sind in den letzten Monaten viele Bewohner_innen ausgezogen. Die vielen Jahren in Unsicherheit und der ständige Kampf gegen die eigene Entmietung hat zu viel Kraft gezehrt. Mittlerweile stehen etwa ca. ein drittel der Wohnungen in der Hauptstrasse 1 leer. Teilweise schon fast ein Jahr – und das trotz dem Gesetz zum Zweckentfremdungsverbot von Wohnraum.

Anfang des Jahres entschloßen sich in paar Menschen dazu, sich den leerstehenden Wohnraum anzueignen und zogen in leere Wohnungen in der Hauptstraße ein.
Vor ca. einem Monat kam es dann zur Räumung der zwei besetzten Wohnungen durch die Berliner Polizei in Kooperation mit der Hausreinigungsfirma „Dr. House Solutions“. Die Polizei hatte keinen Räumungstitel für die Räumung. Das Unternehmen „Dr. House Solutions Service GmbH“ tritt in den letzten Jahren als Hausmeisterfirma für Padovicz vor allem in Friedrichshain auf. Das Unternehmen und seine Mitarbeiter_innen helfen Padovicz dabei, die Häuser verfallen zu lassen, indem sie vielfach beklagte Mängel irgnorieren. Stattdessen zerstören sie regelmäßig von Mieter_innen selbstorganisierte Instandsetzungen und angelegte Gärten in Hinterhöfen und helfen Padocicz außerdem dabei, den Leerstand zu überwachen, indem sie relegmäßig sicherstellen, dass der leere Wohnraum auch ungenutzt bleibt.

Seit ein paar Tagen wissen wir, dass das Abgeordnetenhaus nächste Woche Donnerstag das Grundstücksgeschäft mit Padovic vollziehen will, um den Bebauungsplan am Ostkreuz zum Abschluss zu bringen. Das alles unter Auschluss der Öffentlichkeit. Wenn das Abgeordnetenhaus nächste Woche beschließt, will der Bezirk Lichtenberg den Bebauungsplan Ostkreuz noch dieses Jahr zum Abschluss bringen. Der Bezirk hatte uns zwar seine „Unterstützung“ zugesichtert, aber die Information über das Grundstücksgeschäft kam nur über persönliche Kontakte zufällig bei uns an.

Über das, was mit unsrem Wohnraum passiert, gibt es seit Jahren nur Gerüchte und es ist sehr schwer an verlässliche Informationen zu kommen. Wie kann es sein, dass es uns Bewohner_innen so schwer gemacht wird, herauszufinden, was eigentlich mit dem Haus passiert, in dem wir leben?
Warum werden wir nicht in Entscheidungen mit einbezogen?

Jetzt soll es darum gehen, uns eventuell „angemessenen Ersatzwohnraum“ anzubieten, den die Stadträtin Birgit Monteiro mit Padovicz verhandeln will. Wir glauben nicht daran, dass es in diesen Verhandlungen wirklich um bezahlbaren Wohnraum für uns gehen soll, sondern um die weiße Weste von Politiker_innen. Wir wollen nicht wegziehen und irgendwo anders in der Stadt in einem anderen Padovicz-Haus die doppelte Miete zahlen.

Wir wollen bleiben!
Wir verurteilen die Spekulation mit unserem Wohnraum und unsere geplante Verdrängung aus unseren Häusern und unserer Stadt! Wir verurteilen den spekulativen Leerstand bei gleichzeitiger Wohnungsknappheit und Obdachlosigkeit. Wir verurteilen das Schweigen der Politik, das Durchsetzen der Interessen von Spekulant_innen durch die Polizei und die Unterstützung dieser Politik durch Firmen und Einzelpersonen.
Wir finden es gut, wenn sich Menschen leerstehenden Wohnraum aneignen, sei es in der Hauptstraße am Ostkreuz oder anderswo. Wohnraum soll von Menschen genutzt werden, die ihn brauchen! Wenn es legal ist, Wohnungen zur Spekulation leer stehen zu lassen, aber illegal, leer stehende Wohnungen zu besetzen, dann ist der Skandal nicht die Besetzung, sondern das Gesetz.

Bewohner_innen der Häuser der Hauptstraße 1.

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