Laut Tagesspiegel wurde die IG Eigentümer Rummelsburger Bucht mit Farbe beschmiert. Lichtenbergs Bürgermeister Grunst sieht da gleich die Grundrechte in Gefahr und twittert: „Wer Gewalt gegen Menschen oder Sachen in den politischen Diskurs trägt, der diskreditiert sich selbst.“. Als ob die strukturelle Gewalt nicht schon den wohnungspolitischen Diskurs dominieren würde. Dieser Post diskreditiert nur ihn – einen Bürgermeister, dem die Emphatie abhanden gekommen ist, der es nicht wahr haben will, dass Menschen unterschiedliche Methoden haben sich ihrer Ohnmacht zu entledigen, während sie einem geschmierten System aus Kapital / Politik / Justiz gegenüberstehen.
Nehmen wir diesen Diskursbeitrag der Farbbeutel-Werfer*innen ernst und beschäftigen uns mal wieder mit dieser ominösen Interessengemeinschaft. Denn die hat nach dem 1. Brief an den Senat, nun auch einen an die Lichtenberger BVV-Mitglieder geschrieben (hier nachzulesen)
Achtzehn Fragen
Am 11. Dezember 2018 versandten die fünf Investor*innen, Streletzki Gruppe, Padovicz Gruppe, CWB Coral World Berlin GmbH, Investa Development GmbH und HOWOGE Wohnungsbaugesellschaft mbH, 18 Fragen und Antworten an die Bezirksverordneten der BVV Lichtenberg. Die Interessengemeinschaft „Eigentümer in der Rummelsburger Bucht“ wollte mit ihren selbstersonnenen Fragen, passend zu den von ihnen gewünschten Antworten, einen Beitrag zur Faktenlage und Entscheidungsfindung leisten. Einige dieser besonderen Fakten möchten wir Euch nicht vorenthalten:
Frage 4 „Haben manche vergessen, wie es hier Anfang der 90er Jahre aussah?“
„Anfang der 90er Jahre führten von den Ufern große Rohre ins Wasser. Auf dem Wasser schimmerten Öle und Fette, Fische trieben an der Oberfläche in Seitenlage nach Luft schnappend. An den betonierten Ufern erhoben sich verrußte Backsteingemäuer mit blinden Fenstern. Autowracks und Schutt türmten sich meterhoch. Es gab Schornsteine, aus denen dicker Rauch in die Luft stieg. Die Haftanstalt Rummelsburg, das Glaswerk Stralau, eine Binnenreederei, alles Orte, die sich auch gut als Kulisse für ein Inferno eigneten. Die aktuelle Entwicklungen rund ums Paul und Paula Ufer stimmen vor diesem Hintergrund besonders nachdenklich. Die fortwährende Besetzung des ehemaligen Jugendfreizeitschiffes, das unbändige Campen an Land und auf dem See, das Belagern der Uferflächen und der Spundwände mit wild wachsenden Konstruktionen – alles offensichtlich unter Duldung der angrenzenden Bezirke – läuten mittlerweile den Rückschritt in favelahafte Zustände ein. In den Abendstunden – mit zunehmendem Alkoholkonsum dort Campierender herrschen am Uferwanderweg beängstigende Situationen. Viele Anwohnerinnen und Anwohner meiden ihn bei Dunkelheit. Kinder, die im benachbarten Stralauer Fußballverein trainieren, radeln nicht mehr allein nach Hause, sondern werden immer öfter nach Möglichkeit von den Eltern mit dem Auto abgeholt. Hier vom Erhalt von Freiräumen oder Kultur zu sprechen, ist sicher keine Definitionsfrage mehr.“
Dieses Schüren diffuser, angeblicher Ängste von Anwohner*innen hatte auch noch Erfolg. Der rot-rot-grüne Senat, vertreten durch die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, erteilte Anfang des Jahres den Auftrag zur „Entmüllung“ des Grundstücks an der Ecke Hauptstraße/Kynaststraße, das von obdachlosen Menschen aus Rumänien genutzt wurde. Die Zerstörungswut mit welcher die beauftragte „Deutsche Stadt- und Grundstücksentwicklungsgesellschaft (DSK)“ vorgegangen ist, können Spaziergänger begutachten. Unterschlupfe wurden entfernt, Zelte zerrissen und Schlafsäcke aufgeschlitzt. Das ganze Gebiet wurde, noch stärker als vorher, mit Zäunen umgeben und fest verschlossen. Die Senatsverwaltung bestreitet eine Beräumung beauftragt zu haben, aber wir nennen es RÄUMUNG!
Kulturelle Freiräume werden in der Vision der Interessengemeinschaft „Eigentümer in der Rummelsburger Bucht“ zu nach Luft schnappenden Fischen auf öligem Wasser. Und mit Genugtuung werden sie Mitte der Woche die Nachricht gelesen haben, daß eine RÄUMUNG des Freibeuters im Gespräch ist.
Und hier Frage 7: „Stimmt es, wie man hört oder liest, dass die Coral World GmbH „Wasserhaus und Wasserpark“ privat bis an die Uferkant heran plant?“
„Die Initiative des international bekannten israelischen Naturaktivisten und Meeresbiologen Benjamin Kahn für das ortskonkrete Bildungs- und Naturschutzprojekt „Wasserhaus“ war ein Impuls für die Bebauungsprojekte aller Vertragspartner im gemeinsamen Quartier. Die CWB hat zusätzlich mit dem Bezirk Lichtenberg einen öffentlich-rechtlichen Vertrag zum im B-Plan vorgesehenen öffentlichen Park mit Spielplatz geschlossen und sich damit in gesellschaftlicher Verantwortung für den Erhalt und die Renaturierung des Naturraums eingesetzt: die ca 6.500 Quadratmeter große öffentliche Parklandschaft am Paul und Paula Ufer wird zusammen mit dem Wasserhaus hergestellt und mindestens 20 Jahre auf bestem Pflanz- und Pflegeniveau (Stufe1) unterhalten. Das Umwelt- und Naturschutzamt des Bezirks Lichtenberg kann sich somit voll auf die Herstellung der Ausgleichsflächen und den Schutz der Uferzonen konzentrieren. Der öffentliche Park endet am Uferwanderweg. Die Uferzonen bleiben unter der Aufsicht des Umwelt- und Naturschutzamtes.“
Das Bezirksamt und die Bezirksverordneten werden der Interessengemeinschaft „Eigentümer in der Rummelsburger Bucht“ sicherlich unbeschreiblich dankbar sein, daß diese die zukünftige Planung der Aufgaben des Umwelt- und Naturschutzamt gleich mit übernehmen. Ebenso wie die Gesellschaft über die Renaturierung eines Naturraums nach der Zerstörung eines Naturraums.
Und der Duden, für das neue Wort: Naturaktivist
Frage 11: „Es wird behauptet, die Verträge mit den Investoren können rückabgewickelt werden. Man glaubt auch, sie würden erst mit Festsetzung des B-Plans Gültigkeit erhalten“
„Ein großer Teil der Fläche des B-Plans befindet sich im Alteigentum. Diese Fläche hat nichts mit den Veräußerungen des Landes in dieser oder in der vergangenen Legislaturperiode zu tun. Die Verträge mit der Steletzki Gruppe, der Investa Real Estate und der Padovicz Gruppe sind wirksam. Sie können nicht einseitig vom Land Berlin aufgekündigt werden und sind nicht an die Festsetzung des B-Plans gekoppelt. Rechnet man noch Grün- und Wegeflächen hinzu, sind somit weit über drei Viertel der B-Plan-Fläche außerhalb jeder Diskussion. Auf dem überwiegenden Teil der verbleibenden Flächen plant die HOWOGE sozialgebundenen Wohnraum.“
Ja, der Naturaktivist, also CWB Coral World Berlin GmbH, fehlt in dieser selbstbeantworteten Frage. Als landeseigene Wohnbaugesellschaft steht die HOWOGE in der Verantwortung bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, was die privaten Investoren nicht aus ihrer Verantwortung gegenüber der Berliner Stadtgesellschaft entlässt. Und nein, ohne Baugenehmigung können die „Alteigentümer“ auch nicht bauen. Die privaten Eigentümer nennen es „einen Beitrag zur Faktenlage und Entscheidungsfindung“, wir nennen es eine VERSUCHTE ERPRESSUNG!
Und nein, niemand hat wie in Frage 13 behauptet : „Es wird auch behauptet, die Padovicz-Gruppe würde teure Eigentumswohnungen errichten, wo doch Mietwohnungen fehlen“ (…) „Die Padovicz-Gruppe wird am Standort keine Eigentumswohnungen, sondern ausschließlich Mietwohnungen bauen.“
Natürlich glauben wir Padovicz auch, daß diese Mietwohnungen bezahlbar sein werden. Genauso, wie wir daran geglaubt haben, daß er nicht während der noch laufenden Verhandlungen mit dem Baustadtrat Florian Schmidt um eine Einigung zur Liebig 34, bereits einen Antrag zur Räumung gestellt hat.