Wie das Hausprojekt Liebig34 gestern mitteilte hat sich für Freitag, den 9. Oktober der Gerichtsvollzieher T. Knop für 7 Uhr morgens angekündigt, um das Haus an sich zu nehmen.
Nach dem Versäumnisurteil zur Räumung gegen den Hausverein vom 3. Juni und der Bestätigung der Urteils am 26. August, will Padovicz offenbar keine Zeit verlieren um das Haus zu räumen. Zur juristischen Lage teilte die Hausgemeinschaft mit:
Der Verein wird in Berufung gehen und damit den Fall vors Kammergericht bringen. Geräumt werden können wir trotzdem jederzeit, aber Padovicz müsste eine Sicherheitsleistung von 60.000 € aufbringen. Bei seinem Vermögen nicht unwahrscheinlich. Wir erkennen dieses Urteil sowohl politisch als auch juristisch nicht an. Raduga e.V. sitzt lange nicht mehr in den Räumen der Liebigstraße34 und gegen den aktuellen Verein „Mittendrin.kommunikation und anderes e.V.“ liegt kein Räumungstitel vor. Außerdem leben und wohnen in unserem Haus echte Menschen, gegen die sich auch kein Titel richtet, lediglich gegen einen Verein, der nicht mehr da ist. Außerdem wird die Liebig als Gewerbe behandelt. Es handelt sich jedoch um Wohnraum und muss im Rahmen des Wohnraummietrechts betrachtet werden.
Der zuständige Gerichtsvollzieher Knop sieht das offenbar anders und der Senat teilte in der Beantwortung einer Kleinen Anfrage Ende Juli mit, dass er einer Räumung nicht im Wege steht. Zitat: Im Rahmen der Amtshilfe trägt die ersuchende Behörde gegenüber der ersuchten Behörde die Verantwortung für die Rechtmäßigkeit der zu treffenden Maßnahme einschließlich der Frage einer etwaigen Aufschiebung der Vollstreckung. Diese Prüfung liegt allein in der Verantwortung des zuständigen Gerichtsvollziehers.
Die Anfrage enthält auch Hinweise wie weit es mit den Bemühungen des Senats zur Rettung des Projekts gediehen ist: Es gab ein Gespräch und ein Telefonat mit Padovicz im November 2018. Überlegungen für Ersatzobjekte aus dem Bestand des Berliner Immobilienmanagments (BIM) und der landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften hat es nie gegeben. Stattdessen wurde dem Baustadtrat von Friedrichshain-Kreuzberg die Verantwortung für das Scheitern einer Lösung zugeschanzt.
Im Hinblick auf die besondere Situation der Liebig34 als queer-feministischer Wohn- und Schutzraum teilte der Senat süffisant mit, dass „die Förderung der Selbstbestimmung und Akzeptanz sexueller und geschlechtlicher Vielfalt (…) nicht die Entwicklung einzelner Räume oder Projekte zum Gegenstand [hat].“
Fazit: Die Räumung wird stattfinden und Padovicz wird dieses Haus im Milieuschutzgebiet nach Gutsherrenart umrüsten, ohne dass es weitere Probleme gibt.
Alles trotz der wütenden Stellungnahmen der Linken und der Grünen gegen den Polizeieinsatz bei der Syndikats-Räumung, trotz der internationalen Unterstützung aus Kunst&Kultur für die Liebig34, trotz der Aktionswoche im September, trotz Nachbarschaftsmobilisierung, trotz Resolution der Lokalpolitik und trotz der vielen kleinen und großen direkten Aktionen der letzten zwei Jahre.