Liebig34: Wie sich ein Haus gegen den Rausschmiss wehrt

Die Wimpel der Liebig34 sind überall im Kiez sichtbar (siehe Bilder unten von Friedrichshainer Wahrzeichen). Doch worum geht es bei dem Fight Liebig34 vs. Padovicz?

Der Streit um das Haus an der Ecke Liebigstraße / Rigaer Straße im Friedrichshainer Nordkiez geht in eine neue Runde. Die rund 40 Bewohner_innen machen wieder mobil gegen den eigenen Rauswurf. Wie schon vor zehn Jahren, im Winter 2008, geht es wieder um Alles oder Nichts. Erhalt des Projekts oder Räumung des Hauses, Luxus-Sanierung und Austausch der Bewohner_innenschaft. Im bevorstehenden Konflikt um die Liebig34 geht es nicht nur um ein alternatives Hausprojekt, sondern um eine erneute Eskalation gegen Sanierungswahn und Mietenexplosion.


Der Fall Liebig34
Das Haus wurde 1990 besetzt, um es vor dem Verfall zu bewahren. Wie viele andere leerstehende Altbauten in Friedrichshain, wurde auch dieses von der Wohnungsbaugesellschaft Friedrichshain WBF vom Senat verwaltet. Kurz nach der Besetzung wurden Mietverträge mit den Besetzerinnen abgeschlossen.
Im Laufe der Jahre wurde die Liebig34 von den Bewohner_innen instandgesetzt und für die eigenen Bedürfnisse umgebaut. Im Jahr 2008 wurde versucht das Haus kollektiv zu kaufen. Der Investor Gijora Padovicz kam der Hausgemeinschaft aber zuvor und verlangte den sofortigen Auszug. Nur durch massiven Druck wurde, unter Vermittlung des Bezirksamts, ein Pachtvertrag für 10 Jahre durchgesetzt. Die Folgen waren: Höhere Mieten und Beschränkung der selbstverwalteten Gestaltung des Hauses – aber immerhin der Erhalt des Projekts.
Ende 2018 ist dieser Pachtvertrag ausgelaufen und wieder fordert der Eigentümer den sofortigen Auszug, um sanieren und teuer vermieten zu können. Die Räumungsklage wurde schon im November 2018 eingereicht.
Auf Kaufangebote der Hausgemeinschaft und von Genossenschaften, die seit 2016 in regelmäßigen Abständen an Padovicz herangetragen wurden, hat er nie reagiert. Aktuell verhandelt wohl das Bezirksamt mit Padovicz um einen Tausch der Liebig34. Er soll dafür lukratives Bauland vom Senat bekommen.

Das Zusammenleben
Seit 1999 versteht sich das Haus als Wohnprojekt für Frauen-, Lesben- und Menschen, die nicht der klassischen Geschlechternorm entsprechen. Ein Schutzraum, der gesellschaftlicher Diskriminierung aufgrund der Geschlechtsidentität entgegenwirkt. Die Bewohner_innen leben zusammen, es gibt keine geschlossenen Türen im Haus, aber dafür Gemeinschaftsküchen, -Wohnzimmer und Werkstätten. Die Belange aller Bewohner_innen werden kollektiv besprochen und im Konsens beschlossen: Was muss repariert werden, wer kann grad nicht soviel Miete zahlen, oder auch, wer organisiert den nächsten Brunch? Dieses Modell des Zusammenlebens, wirkt Hierarchien entgegen, fördert Eigeninitiative und soll Solidarität untereinander praktisch werden lassen.
Zusätzlich zum Wohnprojekt gibt es im Erdgeschoss öffentliche Räume für die Nachbar*innenschaft. Dort ist Platz für Treffen, Veranstaltungen, Kino, Partys, Kunst und alles was euch einfällt. Hier findet beispielsweise regelmäßig eine »Küche für alle« (KüFa) statt, wo lecker gekocht wird und die Nachbar*innenschaft zum Essen eingeladen ist.
Dass so ein besonderes Projekt, das sich gegen die Kultur anonymer Nachbar*innenschaften stellt, erhalten bleiben soll, ist eine Selbstverständlichkeit. Dass sich so ein Projekt mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln verteidigt und zur stadtweiten Unterstützung dieser Idee aufruft, auch.

Jetzt: Solidarität
Wenn die Liebig34 nicht erhalten bleibt, werden nicht nur 40 Bewohner_innen obdachlos und die Kiezkultur um einen weiteren Ort ärmer. Es wird auch ein weiteres Haus an prominenter Stelle aufgehübscht und teuer vermietet. Die Folgen solcher Aufwertungsprozesse für die Nachbar*innenschaft sind bekannt: Der Mietspiegel steigt. Kapitalkräftige Mieter*innen kommen, Ferienwohnungen werden eingerichtet, Arztpraxen und Kanzleien füllen die frischen Wohnungen. Um diese Entwicklung im Kiez zu bremsen, ist der Erhalt der Liebig34 wichtig.
Zeigt euch solidarisch, gegen Verdrängung, gegen Zwangsräumungen, gegen das Verschwinden alternativer Lebensformen. Besprecht das Problem bei euch auf der Arbeit, in der Kita eurer Kinder, in den Schulen, in der Kneipe, in der Yogagruppe, auf dem Wochenmarkt und in der Sauna. Steht nicht am Rand, wenn eure Stadt untergeht.

Es ist Zeit EUCH zu positionieren:
• Mit den L34-Solidaritäts-Wimpeln
• Mit Plakaten und Stickern
• Mit Posts in sozialen Netzwerken

Material bekommt ihr in der Liebig34, kommt vorbei: Immer Sonntags ab 20 Uhr gibt es KüFa und Film.
Infos von der Hausgemeinschaft: liebig34.blogsport.de Twitter: @Liebig34Liebig
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Informationen zum Investor Padovicz: padowatch.noblogs.org

Flyer als buntes PDF (3mb)

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